Christoph Schreiber arbeitet mit dem Medium Fotografie. Anders als viele
andere Kunstschaffende interessiert er sich nicht für das authentische
Foto im Sinne eines Bildbeweises für Realität. Zwar geht er von bestehenden
Landschaften oder Gebäuden aus, verändert jedoch am Computer bestimmte
Faktoren seines fotografischen Bildes. So beginnt beispielsweise die Kuppel
eines Turmes plötzlich unwirklich wie ein Ufo zu schweben. Oder eine An-
sammlung von Büschen in der freien Natur zeigt eine überaus künstliche
Form, als sei das Buschwerk mit viel Geschick zu einer ornamentalen Form
geschoren worden. Eine Qualität der Arbeiten besteht darin, dass erst auf den
zweiten Blick die Künstlichkeit der Situation beziehungsweise die Manipulation
der Dinge augenfällig wird. Es entsteht eine produktive Irritation, die oft nicht
vollständig aufgelöst werden kann. Christoph Schreiber zeigt, dass unsere
Sicherheit in der Einschätzung vertrauter Dinge durch die Medialisierung der
Wirklichkeit brüchig wurde und die Fotografie als bildhafter Beleg für eine
bestimmte Realität längst ausgedient hat. Allerdings wird dieser Umstand
nicht kulturpessimistisch beklagt, sondern der Künstler nutzt die neuen tech-
nischen Möglichkeiten, um die uns umgebenden Dinge ungewohnt und anders
zu zeigen. Es stellen sich Fragen nach der Identität der Dinge oder nach dem
Verhältnis von Künstlichkeit und Wirklichkeit, ein breites gesellschaftliches
Spannungsfeld, das unseren Alltag in zunehmendem Masse beherrscht, sei
dies in den Medien, der Werbung oder in der Filmindustrie.

Markus Stegman, Text zur Ausstellung "Babuschka" ,
Museum zu Allerheiligen, Schaffhausen, 2003